Der Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat am 29. Mai eine 10%-Werbeabgabe nach österreichischem Vorbild angeregt. Wir begrüßen diesen Vorschlag. Denn die Digitalkonzerne zahlen weiterhin deutlich niedrigere Steuern als andere Unternehmen (9,5% statt 23,3% laut einem aktuellen CEPS-Gutachten). Besteuerung trägt zu einer Eindämmung wirtschaftlicher Macht bei, indem sie einen Teil von Erträgen zurückführt an das Gemeinwesen. Es gibt verschiedene Aspekte zu bedenken bei der Ausgestaltung einer solchen Steuer, die hier überblicksartig zusammengefasst werden.
Wer sollte eine Digitalsteuer bezahlen? In Österreich ist die Digitalsteuer auf Werbemärkte beschränkt; in anderen EU-Ländern wie Italien, Frankreich und Spanien schließen die dortigen Steuern auch weitere Märkte wie digitale Plattformen oder Datenübermittlungsdienste ein. Mit der zunehmenden Bedeutung von beispielsweise Cloud-Diensten ist es empfehlenswert, eine möglichst breite Grundlage für die Steuerbemessung zu wählen. Den bisherigen Steuergrundlagen ist gemein, dass sie ab einer jährlichen Umsatzschwelle von global €750 Mio. fällig werden und somit nur von besonders großen Unternehmen erhoben werden. Das CEPS-Gutachten enthält eine Übersicht über die verschiedenen Digitalsteuern innerhalb der EU sowie Schätzungen für Einnahmen bei Besteuerung verschiedener Märkte.
Wer sollte Digitalsteuern erheben, einzelne Länder oder die EU? Ein effektives Vorgehen gegen die Steuervermeidungsstrategien globaler Konzerne erfordert ein globales Vorgehen. Dennoch ist es sinnvoll, auch regional und national Steuern zu erheben. Auf EU-Ebene laufen Diskussionen zu einer Digitalsteuer; es spricht aber wenig dagegen, national schneller zu handeln, wie die Beispiele von Österreich, Italien, Frankreich, Spanien seit dem Jahr 2020 zeigen.
Wer sollte von einer Digitalsteuer profitieren? Es gibt Vorschläge, dass die Einnahmen einer Steuer direkt dem Journalismus zugute kommen sollten. Dabei gibt es gute Gründe, die dagegen sprechen: Eine Stärkung des Journalismus ist sinnvoll und sollte allerdings unabhängig von der Einführung einer Steuer sein. Denn der gesellschaftliche Wert von Journalismus sollte nicht (noch mehr) damit verknüpft sein, wie viel Einkommen Google und Meta auf Werbemärkten generieren. Sinnvolle Maßnahmen wie das Entflechten von Googles Werbeplattformen oder ein Verbot von personalisierter Werbung würden dann plötzlich dazu führen, dass es weniger Geld für Journalismus gäbe.
Was sind Alternativen zu einer Digitalsteuer? Eine wünschenswerte Alternative könnte eine konsequente Übergewinnsteuer sein, wie vom Netzwerk Steuergerechtigkeit empfohlen, da sie das Problem ökonomischer Macht auf einer grundsätzlicheren Ebene beziehungsweise sektorunabhängig angeht. Was Weimer meinen könnte, wäre zum Beispiel ein von Google und Meta finanzierter Kulturfonds, um Journalismus zu fördern. Die von ihm erwähnten Selbstverpflichtungen sind abzulehnen, da es Unternehmen nicht offen stehen sollte, ob und in welchem Maße sie Steuern zahlen.
Ist Besteuerung wichtiger als Digitalkonzerne zu entflechten oder zu regulieren? Um die Vielfalt der negativen Auswirkungen von Digitalkonzernen zu adressieren, braucht es alle drei Aspekte. Entflechtung nimmt ihnen die Möglichkeit, ganze Märkte nach ihrem Willen zu gestalten und miteinander zu verknüpfen. Besteuerung verpflichtet sie, einen Teil ihrer ökonomischen Macht an die Länder, in denen sie aktiv sind, zurückzuführen. Missbrauchskontrolle (für marktmächtige Unternehmen) und Regulierung verpflichten sie, einzelne Formen der Schädigung zu unterlassen.
Aline Blankertz hat darüber hier auch mit dem Deutschlandfunk Kultur gesprochen.