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Machtkonzentration bei Künstlicher Intelligenz verhindern

von | 16.01.2024

Gemeinsam mit europäischen Partnern haben wir die britische Wettbewerbsbehörde CMA aufgefordert, die Beteiligung von Microsoft an OpenAI weiter zu untersuchen. Sie ist ein Beispiel für die wachsende Dominanz der großen Tech-Konzerne im KI-Sektor. Die Konzentration ökonomischer Macht droht sich durch den KI-Boom weiter zu verschärfen. Deshalb müssen die Kartellbehörden gegensteuern.

Microsofts Investitionen in OpenAI und die Turbulenzen bei OpenAI im November 2023 zeigen, welchen Einfluss Microsoft auf OpenAI hat. Dieser Einfluss ist problematisch und wirft wettbewerbliche Fragen auf. Microsoft spielt eine relevante Rolle im Betrieb und in der strategischen Ausrichtung von OpenAI, was tiefgreifende Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen den beiden Unternehmen und auf die KI im Allgemeinen hat.

In unserer Stellungnahme (pdf) listen wir eine Reihe von Fragen auf, die von der CMA untersucht werden sollten. Die englische Wettbewerbsbehörde hat eine Untersuchung der Verbindung von Microsoft und OpenAI begonnen und dafür um Stellungnahmen gebeten. Auch die Europäische Kommission hat inzwischen zu einer Konsultation zum Thema KI eingeladen.

 

Die Gefahr: Big Tech dominiert KI


Microsofts Investition in OpenAI sollten im Kontext der vergangenen zwei Jahrzehnte Wirtschaftsgeschichte gesehen werden. Die schwache Durchsetzung des Kartellrechts hat dazu beigetragen, dass eine Handvoll marktbeherrschender Tech-Konzerne die digitalen Märkte kontrolliert – die Grundlage der modernen Wirtschaft. Diese sogenannten Gatekeeper (sie entscheiden darüber, wer durch das Tor reinkommt und wer nicht) nutzen ihren beispiellosen Zugang zu Computerinfrastrukturen, Daten und Fachwissen, um die Entwicklung und Kommerzialisierung von KI zu beeinflussen.

In einer gerechteren und offeneren digitalen Wirtschaft wäre die KI-Entwicklung pluralistisch und dezentralisiert. Sie würde stärker auf die Bedürfnisse von Verbrauchern, Unternehmen, Regierungen und Bürgern eingehen. Unternehmen wie OpenAI oder Anthropic könnten mit der Zeit Giganten wie Amazon, Google und Microsoft bedrohen.

Leider ist dies nicht der Weg, auf dem wir uns befinden. Stattdessen werden kleinere KI-Firmen immer abhängiger von der Infrastruktur und der finanziellen Unterstützung der Tech-Giganten. Microsofts Partnerschaft mit OpenAI sowie die gemeinsame 6-Milliarden-Dollar-Investition von Google und Amazon in Anthropic verdeutlichen dies. Auch das deutsche Unternehmen SAP investiert in Anthropic. Wenn man die größten etablierten Unternehmen diktieren lässt, wie sich KI entwickelt, indem sie ihre Monopolmacht auf künftige Märkte und Technologien ausdehnen, dient dies zwar ihren Gewinnspannen, nicht aber dem öffentlichen Interesse.

Wenn Big Tech ihre derzeitige Monopolmacht ohne Gegenwehr auf KI ausdehnen können, werden sie die Entwicklung von KI diktieren. Das wird ihren Gewinninteressen dienen, aber nicht dem öffentlichen Interesse. Deshalb müssen die Regulierungsbehörden frühzeitig und aggressiv gegen wettbewerbswidriges Verhalten im Bereich der KI vorgehen.

 

Das bestehende Recht auf KI anwenden


Künstliche Intelligenz wird oft als etwas ganz Neues gesehen. Etwas, das neue Herausforderungen stellt und neue Gesetze und Regeln erfordert. Was aber wäre, wenn wir unseren Blick auf KI ändern? Eine Studie des Open Market Institute betrachtet KI durch die Linse der Macht und des Verhaltens der Konzerne, die die grundlegenden Bausteine von KI kontrollieren. Die Autoren stellten fest, dass Google, Amazon und Microsoft mehr als zwei Drittel des weltweiten Cloud-Marktes kontrollieren. Sie haben damit Zugang zu Rechenkapazitäten, über die kein anderer Akteur verfügt. Die Unternehmen kontrollieren zugleich große Datensätze für das Training von KI-Modellen. Auch bei den für KI nötigen Computer-Chips bilden sich monopolistische Strukturen aus.

Eine Handvoll großer Technologieunternehmen könnte durch die Ausnutzung ihrer Monopolmacht und die aggressive Vereinnahmung anderer Akteure die Zukunft der künstlichen Intelligenz kontrollieren. Die Monopolisierung von KI würde bereits bestehende Probleme der Digitalisierung verschärfen, etwa

  • die Erstellung und Verbreitung von Fehlinformationen,
  • der Rückgang von Nachrichten und qualitativ hochwertigem Journalismus,
  • die verstärkte personalisierten Werbung und Onlinesucht,
  • der Ausbeutung von Arbeitnehmer:innen,
  • der monopolistische Missbrauch und Ausschluss kleinerer Unternehmen und Konkurrenten.

 

Maßnahmen gegen stärkere Monopolmacht durch KI


Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, stellt die Studie weitreichende Forderungen zur Bekämpfung der Monopolmacht in der KI auf:

  • Die Wettbewerbsbehörden sollten unterbinden, dass dominante Tech-Konzerne den KI-Markt durch Übernahmen, Investitionen und Partnerschaften monopolisieren. Bestehende Fusionen nd Partnerschaften wie die Übernahme von DeepMind durch Google im Jahr 2014, der erhebliche Anteil von Microsoft an OpenAI und die kürzlich abgeschlossene Partnerschaft von Amazon mit Anthropic sollten einer genauen Prüfung unterzogen werden.
  • Jegliche Diskriminierung durch Microsoft, Google & Co bei der Bereitstellung grundlegender KI-Dienste für Privatpersonen und Unternehmen sollte verboten werden.
  • Cloud Computing sollte kritische digitale Infrastruktur anerkannt werden, die von den großen Gatekeeper-Plattformen getrennt sein sollte; sie sollte wie öffentliche Versorgungsunternehmen reguliert werden.
  • Die Urheberrechte sollten konsequent durchgesetzt werden, um das Eigentum von Autor/-innen, Künstler/-innen und unabhängigen Verleger/-innen vor Veruntreuung und Missbrauch durch die Techkonzerne zu schützen.

Künstliche Intelligenz stellt unsere Gesellschaften sicher vor neue Herausforderungen. Aber nicht für alles braucht es neue Regeln. Für das große Problem der Machtkonzentration wäre ein wichtiger Schritt, das bestehende Kartellrecht konsequent anzuwenden. Die Debatte darüber ist in vollem Gange. Wichtig sind jetzt konkrete Maßnahmen der Wettbewerbsbehörden. Darauf sollten wir als Zivilgesellschaft mit hinwirken.